- Friedensnobelpreis 1993: Frederik Willem de Klerk — Nelson Mandela
- Friedensnobelpreis 1993: Frederik Willem de Klerk — Nelson MandelaDie beiden südafrikanischen Politiker erhielten den Friedensnobelpreis für ihre Bemühungen um die Beendigung der Apartheid.BiografienFrederik Willem de Klerk, * Johannesburg 18. 3. 1936; Rechtsanwalt, seit 1972 Parlamentsabgeordneter der National Party (NP), ab 1978 mehrmals Minister verschiedener Ressorts, 1989-97 Vorsitzender der NP, 1989-94 Staatspräsident, 1994-96 Vizepräsident, 1996/97 Oppositionsführer.Nelson Rolihlahla Mandela, * Qunu (Transkei) 18. 7. 1918; Rechtsanwalt, seit 1944 Mitglied des African National Congress (ANC), ab 1952 ANC-Vizepräsident, mehrere Verhaftungen und Anklage wegen Hochverrats, 1964 zu lebenslänglicher Haft verurteilt, 1990 aus dem Gefängnis entlassen, 1991-97 ANC-Präsident, 1994-99 Staatspräsident.Würdigung der preisgekrönten LeistungDurch die Apartheid, die Politik der Rassentrennung, sicherte sich in Südafrika die weiße Bevölkerung über Jahrzehnte die Macht gegenüber der schwarzen Bevölkerungsmehrheit. Schon seit der Gründung der Südafrikanischen Union (1910) wurden die Rechte der Schwarzen, Farbigen (Mischlinge) und Inder zunehmend eingeschränkt. Nach dem Wahlsieg der National Party 1948 wurde die Apartheid zur politisch-gesellschaftlichen Doktrin erhoben. Schwarze durften nicht wählen, kein Land erwerben und keine Weißen heiraten und mussten eigene Schulen, Universitäten und Krankenhäuser besuchen. Das Verbot für Schwarze, in die großen Städte zu ziehen, sollte die gesellschaftliche und ökonomische Mobilität der Schwarzen beschränken. Seit den 1960er-Jahren wurden die Schwarzen durch die Schaffung der »Homelands«, formell eigenständiger, aber politisch und ökonomisch lebensfeindlicher Territorien, auch räumlich isoliert und entschieden benachteiligt.Der Widerstand beginnt sich zu organisierenSchon gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es erste Proteste gegen die weiße Vorherrschaft in Südafrika. Unter der Führung von Mahatma Gandhi entfaltete der »Natal Indian Congress« zwischen 1894 und 1913 eine Kampagne für die Anerkennung der bürgerlichen Rechte für die Inder. 1912 gründete sich der African National Congress (ANC), der nach dem Ersten Weltkrieg zusammen mit Gewerkschaften gegen die zunehmende Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Schwarzen protestierte.Nachdem die National Party 1948 begonnen hatte, das Apartheidregime auszubauen, formierte sich auch der Widerstand des ANC. Unter seinem damaligen Präsidenten Albert John Luthuli (Nobelpreis 1960) konnte sich der ANC mit den ersten großen gewaltlosen Protestaktionen gegen die Passgesetze eine Unterstützung durch die breite Masse sichern. Ein vom ANC und der südafrikanischen Kommunistischen Partei getragener Volkskongress proklamierte 1955 eine »Freiheits-Charta«, in der die Gleichberechtigung aller Rassen in Südafrika gefordert wurde. Nach der blutigen Unterdrückung einer zunächst friedlichen Demonstration gegen die Passgesetzgebung in Sharpeville (1960) gingen die radikaleren Kräfte im ANC zu gewaltsamen Aktionen über.Mandelas Kampf gegen die ApartheidDer aus der Herrscherfamilie der Tembu stammende Nelson Mandela war 1944 einer der Begründer der Jugendliga des ANC und wurde 1952 Vizepräsident des ANC. Wegen seiner »Missachtungskampagne« gegen die Apartheid wurde Mandela zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, verbunden mit einem Hausarrest und dem Verbot jeglicher politischer Tätigkeit. Trotzdem blieb er aktiv und war maßgeblich an der Formulierung der Freiheits-Charta sowie am Entwurf des so genannten »M«-Plans zur Organisation des ANC im Untergrund beteiligt. Zusammen mit anderen Oppositionellen wurde er 1956 des Hochverrats angeklagt, jedoch 1961 freigesprochen. Nachdem der ANC nach den Unruhen von Sharpeville verboten worden war, formierte Mandela ab 1960 die auf Sabotageunternehmen ausgerichtete geheime Militärorganisation »Speer der Nation«. 1962 wurde er zu fünf Jahren Haft verurteilt, dann nach dem so genannten »Rivonia-Prozess« 1964 zu lebenslänglicher Haft.Seit den blutigen Unruhen von Soweto (1976) wuchs der Widerstand gegen das Apartheidsystem. Die Regierung unter Präsident Pieter Willem Botha verstärkte einerseits die gewaltsame Unterdrückung und versuchte andererseits, den Nichtweißen entgegenzukommen. So wurde 1984 mit einer neuen Verfassung den Farbigen und Indern eine begrenzte Mitsprache eingeräumt. Schon 1980 begann eine weltweite Kampagne für die Freilassung Mandelas, die von seiner damaligen Frau Winnie Mandela gefördert wurde. Gleichzeitig verstärkten die Kirchen Südafrikas unter der Führung von Bischof Desmond Mpilo Tutu (Nobelpreis 1984) den Widerstand gegen die Rassentrennung. Um der zunehmenden internationalen Kritik entgegenzuwirken, hob Botha einzelne Apartheidgesetze auf und bot Mandela 1985 die Entlassung an, die dieser unter den von der Regierung gestellten Bedingungen jedoch ablehnte. Ab 1986 häuften sich die Unruhen in Südafrika, die die Regierung zu unterdrücken versuchte. Doch das Land geriet durch die immensen Ausgaben für den Sicherheitsapparat und den zunehmenden Wirtschaftsboykott auch der westlichen Industrieländer in eine wirtschaftliche Krise.Das Ende des ApartheidsystemsAngesichts der sich zuspitzenden Situation trat Anfang 1989 Botha als Vorsitzender der National Party und im Sommer auch als Präsident von Südafrika zurück. Sein Nachfolger wurde Frederik de Klerk. Im Februar 1990 legalisierte er den ANC und andere Organisationen und entließ Mandela nach 28 Jahren aus der Haft. Nach und nach strich er sämtliche Rassengesetze und nahm 1991 offizielle Gespräche mit Mandela auf, die schließlich in Verhandlungen über eine neue Verfassung mündeten. Obwohl diese immer wieder durch gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Schwarzen und der südafrikanischen Polizei unterbrochen wurden, konnten im September 1993 eine neue Verfassung verabschiedet und erste freie Wahlen für den April 1994 angesetzt werden. Nach den Wahlen bildeten der ANC, die National Party und die Inkatha Freedom Party zunächst eine »Regierung der nationalen Einheit«, aus der sich die National Party 1997 zurückzog. Seit den Wahlen im Juni 1999 regiert der ANC allein, und Nelson Mandela wurde von Thabo Mbeki als Staatspräsident abgelöst. Obwohl die Apartheid politisch überwunden ist, wird Südafrika noch lange mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen dieser Politik zu kämpfen haben.P. Göbel, D. Geiss
Universal-Lexikon. 2012.